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Braucht Führung ein Geschlecht?

Ein persönlicher Blick auf Frauen und Führung.


Die Diskussion um New Leadership, Female Leadership Management und Frauen in Führungspositionen ist gerade wieder voll im Gange. Vor über 20 Jahren hat sich meine Mutter mit dem Thema für den Abschluss ihres Studiums beschäftigt. Ich war damals in der Pubertät und fand es voll unfair, dass Mama unseren Computer so lange blockierte (ja, es gab nur einen und der war riesig).

Zum Glück erzählte sie mir trotzdem viel über das Thema: Es war ihr wichtig, über das vorherrschende Ungleichgewicht mit mir zu sprechen. „Voll unfair“ fand ich auch das schon damals. Parallel zum Job verwirklichte meine Mutter ihren dritten Berufsabschluss. Sie ist eine beeindruckende Persönlichkeit und wahres Role Model. Viele der Fragen, denen sie damals schon nachging, wiederholen sich heute immer noch:


Warum sind so wenige Frauen in Führungspositionen? Führen Frauen anders? Was macht gute Führung aus? Was braucht es, damit mehr Frauen Führung übernehmen?


Auf ein paar dieser Fragen werde ich hier Antworten suchen.


Wie viele Frauen sind heute in Führungspositionen?

Werfen wir einen Blick auf die Zahlen: Laut dem Statistischen Bundesamt lag der Frauenanteil in Deutschlands Führungsetagen 2021 bei rund 29 %. Somit stagniert die Zahl seit 2016. Europaweit ist das Platz 20. Schaut man sich den europäischen Durchschnitt an, dann sieht es etwas besser aus mit 35 %. Ganz vorne liegt Lettland mit 46 %, gefolgt von Schweden und Polen mit 43 %. Diese Zahlen berufen sich auf Geschäftsführerinnen, CEOs, Vorstände und Führungskräfte in Handel, Dienstleistung und Produktion.


In Deutschland ist immer noch viel Luft nach oben.


Was sich aber meiner Ansicht nach deutlich verändert, ist die Sichtbarkeit des Themas – der Zuspruch und die Bereitschaft, Frauen in Führung zu unterstützen. Weibliche Role Models und Influencerinnen sorgen durch Soziale Medien für eine stete Präsenz und zeigen, wie Female Empowerment etwas verändern und bewegen kann.


Was sind die Gründe für den geringen Frauenanteil:

Oft gibt es nicht nur einen Grund, sondern es ist ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren und der jeweiligen individuellen Situation.


Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Frauen müssen sich heute immer noch oft entscheiden: Karriere oder Kindern. Es fehlt an Modellen, die es Frauen ermöglichen, beides parallel zu verwirklichen. Und es mangelt Unternehmen an Flexibilität, Frauen hierbei zu unterstützen und nicht deren Stärke und Bereitschaft zu hinterfragen, wenn sie beides realisieren wollen. Andere Länder machen vor, dass Mutterschaft nicht per se mit den strukturellen Nachteilen verbunden sein muss, die sich hierzulande zeigen.


Ein weiteres wichtiges Thema ist die Gleichberechtigung in der Partnerschaft. Hier wird viel geredet, aber oft hapert es ordentlich bei der Umsetzung in die Praxis. Es gibt die „Working Dads“ und geteilten Elternzeiten, aber die Zahlen zeigen immer noch, dass erheblich mehr Mütter beruflich pausieren und mit dem Nachwuchs zu Hause bleiben. Der Anteil der Väter liegt 2021 bei nur knapp 3 %. Neben dem persönlichen Wunsch und auch der individuellen Erholung von der Schwangerschaft ist der Gender-Pay-Gap hier auch oft entscheidend. Im Jahr 2021 verdienten Frauen in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 % weniger als Männer. Und wer das geringere Gehalt bekommt, der schraubt meistens auch in Familien für die Kinder zurück, damit finanziell nicht zu viele Abstriche gemacht werden müssen.


Was hält Frauen noch ab? Stichwort Männerdominanz. Diese herrscht immer noch oft in Positionen, die entscheiden. Für mehr Frauen in Führung braucht es mehr Frauen auf Führungspositionen. Vorbilder helfen, machen Mut, unterstützen und dienen als Antreiber.

Auch das Thema Diskriminierung gerade in männerdominierten Branchen ist ein Entscheidungskriterium. In vielen Branchen ist ein deutlicher Wandel spürbar, aber bis auf dem Bau, in der Politik oder auch der Filmbranche eine Gleichstellung erreicht ist, muss sich noch viel tun. Das Gute ist aber, das mehr und mehr verstehen, wie wertvoll diverse Teams sind und das unterschiedliche Sichtweisen innovative Gedanken vorantreiben.


Wie sich hier an der Auflistung zeigt, gibt es viele Gründe für den weiblichen Führungskräfte-Mangel. Es gilt an diesen zu arbeiten, sie zu beseitigen oder zumindest zu verbessern, damit Frauen in Zukunft die gleichen Chancen erhalten wie Männer.

Führen Frauen anders?

Manche ja, manche nein. Frauen führen meiner Ansicht nach nicht grundsätzlich anders als Männer. Es kommt auf die Persönlichkeit an und es gibt eine Differenz bei den Schwerpunkten.


Beliebt bei Frauen ist der transformationale Führungsstil, der sich dadurch auszeichnet, Mitarbeitenden auf Augenhöhe zu begegnen und diese durch das eigene Handeln im Unternehmen zu inspirieren und zu motivieren. Sie sehen sich hierbei mehr als Coach und Mentorin. Doch auch viele Männer wählen mittlerweile diese Haltung.


Ich habe in meiner beruflichen Laufbahn fast alles schon erlebt. Vom Choleriker bis hin zur aggressiven Drückerin auf der schlechten Seite und vom einfühlsamen, fördernden Supporter bis zum respektvollen weiblichen Vorbild auf der guten Seite.

Führungspositionen sollten nach Leadership Skills, Fachkompetenz und Bereitschaft besetzt werden und nicht nach Geschlecht. Der größte Anreiz sollte nicht der nächste Karriereschritt sein. Denn es geht bei Führung nicht um einen selbst, sondern darum, ein Team zur bestmöglichen Leistung zu bringen. Führung braucht den Blick fürs Ganze und zugleich die Fähigkeit, jedes einzelne Teammitglied optimal einzubinden. Es geht darum, Menschen zu bewegen – Menschen zu leiten, anzutreiben, zu koordinieren, zu delegieren, zu unterstützen und zu fördern. Dafür sind folgende Eigenschaften besonders wichtig:

  • eine klare und offene Kommunikation

  • ein selbstbewusstes und entscheidungsfreudiges Auftreten

  • Empathie und Einfühlungsvermögen für Menschen und Situationen

  • ehrlich, integer und verlässlich im Handeln

  • wertschätzender, respektvoller und motivierenden Umgang mit Mitarbeitenden

  • und Humor sollte auch da sein, sonst wird das doch zu trocken und ernst

Ob Frau oder Mann: Führen sollte gewollt und wohl überlegt sein, denn es geht darum, Verantwortung für andere zu übernehmen.


Was brauchen Frauen, um Führungspositionen übernehmen zu können?

Frauen brauchen in erster Linie Modelle und Unternehmen, die ihnen es möglich machen, Führungspositionen einzunehmen und sich nicht zwischen Karriere und Familie entscheiden zu müssen. Flexibilität ist hier gefragt und die Offenheit für Neues. Ob Jobsharing, Teilzeitführung oder auch Kitas im Unternehmen – es gibt viele Möglichkeiten, Frauen in Führung zu fördern.

Damit wächst die Anzahl an weiblichen Role Models und das wiederum motiviert die jüngeren Generationen mutiger voranzugehen.

Ziel sollte sein, Frauen in Führung als normal anzusehen und es nicht mehr betonen oder hervorheben zu müssen, wie hoch nun der Anteil von Frauen im Vorstand ist.


Ich persönlich wünsche mir, dass meine Tochter nicht mehr dieselben Fragen in 20 Jahren in einem Artikel wiederholen kann.

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